Zwei kleine Geschichten zum Schloss Marienburg in Leutesdorf

„In den 80iger Jahren führte meine Mutter den Haushalt einer Gräfin aus einem alten Adelsgeschlecht. Den Namen erwähne ich nicht, da ich nichts mehr über die Familie weiß.
Sie bewohnte damals eine große Wohnung im Schloss Marienburg in Leutesdorf mit Blick auf den wunderschönen Rhein. Diese Gräfin war eine begnadete Künstlerin, sie malte und töpferte die wunderschönsten Sachen. Wenn ich meine Mutter nach der Arbeit dort abholte, dann durfte ich immer durch ihre Wohnung streifen, mir alles ansehen und es gab immer eine kleine Süßigkeit für mich. Der Hauptanziehungsgrund für mich war jedoch der schwarze Kater dieser Grande Dame: Moses! Die Geschichte über Moses erzählte mir seine Herrin gerne öfter:
Es war mal wieder Hochwasser, so erzählte die Gräfin, und zwar so hoch, dass sie, wenn sie sich aus dem Fenster lehnte, mit ihren Händen das Wasser berühren konnte. Eines Tages, das Fenster stand offen, hörte sie ein klägliches Schreien. Erst dachte sie, es seien Kinder im Hof. Aber dann ging sie doch zum Fenster und was sah sie da: Ein großer Baumstamm trieb vor ihrem Fenster im hohen, schmutzigen Wasser des Rheins und hatte sich verhakt. Auf diesem Baumstamm kauerte „nass wie eine Katze“ ein ganz kleines, schwarzes Wollknäuel. Schnell holte sich die Gräfin einen Schrubber und zog den Ast mit aller Kraft zu sich heran. Das halb ertrunkene Wollknäuel entpuppte sich als Katzenbaby. Die Gräfin rieb es trocken, bis es ganz warm war, gab ihm heiße Milch und nannte es Moses. Von diesem Tag an hatte sie einen treuen, dankbaren Gefährten im Haus und die beiden waren unzertrennlich.

Soweit ich weiß, verstarb die Gräfin im hohen Alter in ihrer Heimatstadt Hamburg, wohin sie zurückging, als sie nicht mehr allein leben konnte. Ich habe heute noch einige getöpferte Exemplare von dieser wunderbaren Frau in meinem Fundus. Unter anderem einen Wandhaken. Dieser hat auch eine kleine Geschichte:

Ich war mit meinem ersten Kind schwanger. Ein Philipp sollte es werden. Die damaligen Ultraschalluntersuchungen waren nicht annähernd so sicher wie die heutigen. Die Gräfin töpferte mir einen Wandhaken zur Geburt und schrieb darauf: Philipp!
Aus Philipp wurde eine Jessica und kurzerhand ergänzte die Gräfin den Namenszug wie folgt: Philippinchen!!
Wandhaken

Heute noch, nach über 30 Jahren, geht es mir ganz nah, wenn ich diesen Wandhaken anschaue, denn dann erinnere ich mich an sie, an Moses und natürlich an meine Mutter.
Seit fast drei Jahren wohne ich nun in Leutesdorf, direkt in dem Ort, wo das Schloss Marienburg steht. Und was ganz lustig ist: Einer der Besitzer dieses spätbarocken Herrenhauses ist ein Freund meines jetzigen Mannes, den ich vor zwei Jahren geheiratet habe. Ein waschechter Leutesdorfer. Die Welt ist manchmal sehr klein.“

(von unserer Gastautorin Kerstin Spitzley, Mitarbeiterin der Touristinformation Bad Hönningen)

 

Schloss Marienburg, Leutesdorf ©Werbeagentur Knopf

 

Das Schloss Marienburg ist heute in mehrere Wohneinheiten aufgeteilt und nicht zu besichtigen. Bewundern lässt sich dieses spätbarocke Herrenhaus allerdings wunderbar vom Schiff aus, denn es prägt mit seiner Lage am Rheinufer die Stadtsilhouette von Leutesdorf.

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